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Wie zwei Schulbuben in der hintersten Reihe: Sind Donald Trump und Barack Obama in Wahrheit gute Freunde?
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Alle fünf noch lebenden US-Präsidenten zollten Jimmy Carter den letzten Respekt. Vor der Messe entstand eine unverhoffte Freundschaft. Nicht alle verstanden sich so gut.
Natasha Hähni
3 Kommentare
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Donald Trump und Barack Obama tuscheln und lachen, als würden sie gerade einen Streich aushecken. Sie sitzen in der Washington National Cathedral, um dem ehemaligen Präsidenten Jimmy Carter die letzte Ehre zu erweisen. Noch bis vor wenigen Wochen hatten sich Trump und Obama kaum etwas Nettes zu sagen. Trump nannte seinen Vorgänger einen «schrecklichen» Präsidenten und verbreitete die Lüge, Obama sei nicht in den USA geboren. Der Demokrat wiederum machte sich während des Wahlkampfs mehrfach über Trump lustig. Obama unterstützte dessen Gegnerin Kamala Harris.
Worüber sich Banknachbarn vor Beginn der Messe amüsierten, darüber wird gerade spekuliert. Auf X fantasierte eine Nutzerin, Trump habe sich über seinen Berater Elon Musk lustig gemacht, der bei einer Wahlkampfveranstaltung des Republikaners auf der Bühne umherhüpfte: «Und ich sagte: Spring für mich, Elon. Und er sprang. Ein Riesensprung, der höchste Sprung, der jemals in der Geschichte der Sprünge aufgezeichnet wurde», so die fiktive Bildbeschreibung.
In der «New York Post» spekuliert ein Lippenleser über mögliche geheime Abmachungen, die die beiden nach der Trauerfeier besprechen wollten.
Wie gut sich der Republikaner und der Demokrat verstanden, erstaunte gar Donald Trump selbst. In einer Pressekonferenz sagte er zum mittlerweile viralen Video der beiden: «Ich sagte: Junge, die sehen aus wie zwei Menschen, die sich mögen. Und das tun wir wahrscheinlich auch.»
Es scheint, als habe der bekannte Obama-Charme bei ihm gewirkt. Sie hätten «etwas unterschiedliche Philosophien», sagt Trump weiter. Aber wahrscheinlich würden sie sich mögen. Einen ersten Annäherungsversuch startete Trump bereits im August. Damals nannte er Obama einen «netten Gentleman» und sagte, dass er ihn respektiere.
In gewohnt selbstbewusstem Ton ergänzte der künftige Präsident diese Woche: «Aber ich kam mit fast allen gut aus.»
Das ist wohl ein bisschen übertrieben. Ausser mit Barack Obama und seiner Frau Melania redete Trump kaum mit jemandem in der Kirche. Dem ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore und seiner einstigen Nummer 2, Mike Pence, schüttelte er kurz die Hand. Die Ehefrau von Pence weigerte sich, Trump die Hand zu geben.
Nachdem eine wütende Meute von Trump-Anhängern beim Sturm aufs Capitol vor vier Jahren «Hängt Mike Pence» rief, weil dieser sich weigerte, Joe Biden als Sieger der Wahlen zu erklären, unterstützte Pence seinen Ex-Boss auch nicht beim letztjährigen Rennen ums Weisse Haus.
Wenn sich einer mit allen gut verstanden hat, dann war das wohl am ehesten Barack Obama. Michelle Obama war wegen einer Terminkollision nicht anwesend. Beim Vorbeilaufen klopfte George W. Bush seinem Nachfolger lachend den Bauch. Parteikollege Trump und Melania ignorierten Bush und seine Frau Laura dabei komplett. Trump wartete darauf kurz, bis Bush nicht mehr in seine Richtung schaute und flüsterte dann etwas zu seinem neuen Freund, Obama. Der lachte.
Böse Blicke von Harris
Die gute Laune in der zweiten Reihe entging auch Vizepräsidentin Harris nicht. In einem Video ist zu sehen, wie sie sich in Richtung Trump und Obama dreht und dann genervt wieder nach vorne schaut. Einige Nutzer vergleichen die Szene in den sozialen Medien mit einer Mutter, die ihre Kinder auf den Rücksitzen im Auto zurechtweist. Harris verlor im November die Präsidentschaftswahl gegen Trump.
Blendend schien sich Harris mit Ex-Präsident Bush zu verstehen. Bill und Hillary Clinton sowie Jill und Präsident Joe Biden waren ebenfalls anwesend. Zur Trauerfeier versammelten sich alle fünf noch lebenden US-Präsidenten.
Biden, der die Trauerrede hielt, erzählte von seiner Freundschaft zum ehemaligen Präsidenten Jimmy Carter. Von ihm habe er gelernt, dass Charakterstärke wichtiger sei als Titel oder Macht. Carter starb Ende Dezember im Alter von 100 Jahren. Biden warnte in seiner Rede weiter: «Wir haben die Pflicht, dem Hass keinen sicheren Hafen zu bieten und der grössten Sünde von allen, dem Machtmissbrauch, entgegenzutreten.»
Ob er sich damit auch an seinen Vorgänger und Nachfolger im Publikum richtete und ob die Nachricht ankam, ist nicht klar. Sollte Trump etwas dazu zu sagen haben, hat es Barack Obama aber sicher als Erster erfahren.
3 Kommentare
Philippe Gerber
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Anscheinend ist das für die Zwei völlig normal, sich an einer Trauerfeier zu amüsieren! Da kommt mir Armin Laschet 2021 im Katastrophengebiet, mit seinem Lachen in den Sinn. Bei ihm hatte es Konsequenzen. Bei Trump wirkt das schon "normal" und für einen Grossteil seiner Wähler wohl auch! Von Obama hätte ich ein anderes Verhalten erwartet.
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Thomas Müller
„Nachdem eine wütende Meute von Trump-Anhängern beim Sturm aufs Capitol vor vier Jahren «Hängt Mike Pence» rief, weil dieser sich weigerte, Joe Biden als Sieger der Wahlen zu erklären, …“ Liebe AZ, bitte bleibt bei den Fakten: Mike Pence weigerte sich, Joe Biden NICHT zum Sieger der Wahlen zu erklären. Er stellte sich damit gegen Trump, worauf dieser die Meute zum Sturm aufs Capitol animierte.
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